meister Eckart sezzit hi vier sinne uffe dit wort, wi di sele sich fugin sal die da Got sehin sal [Strauch, S. 2].
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Modicum et non videbitis me etc.
(Joh. 16,16)
Anmerkungen Quint
1 Der Schrifttext ist dem Evangelium des dritten Sonntags nach Ostern entnommen. [S. 187, Anm. 1] - s.a. Predigten Pr. 70.
2 Vgl. Pr. 9, wo ich gesagt habe (...). Es scheint mir ziemlich sicher, daß an der obigen Stelle .. ebenfalls Gonsalvus 'de Vallebona' zu verstehen ist. Offenbar klang die scharfe Auseinandersetzung zwischen Eckhart und dem Franziskanergeneral, die er .. bei seinem zweiten Aufenthalt in Paris, ausgefochten hatte, noch lebhaft nach (...) [S. 188, Anm. 2].
3 Hierbei handelt es sich um Aristotelische Lehre [S. 191, Anm. 3].
4 Aristoteles [S. 192, Anm. 3].
Eigene
1 Quint: "Schwerlich wird es sich um den .. Streit zwischen Eckhart selbst und dem Gonsalvus handeln, denn dann müßte man annehmen, daß Eckhart sich selbst als den besten 'meister' von Paris ironischer- oder scherzhafterweise bezeichnet hätte, was ich trotz der ironisch selbstbewußten Äußerungen über seine Überlegenheit gegenüber seinen Gegnern im Kölner Prozeß und seiner Bemerkung in Pr. Pf. Nr. XV S. 71,34 f.: 'Sehent diz ist wider alle die meister, die nû lebent' und ähnlich selbstbewußter weiterer Predigtäußerungen wie Pf. S. 181,19 f. kaum für möglich halten möchte. (...) Ich halte es für möglich, daß es .. Jean Quidort war, den Eckhart mit dem 'ander meister' meinte" [S. 188, Anm. 2].
2 Absatz als Beleg für die Echtheit der Predigt 111 nach Steer, DW 4,2, Ss. 806 und Anm. 35, 820f. (s. 2017)
3 Hier verbessert Eckhart Augustinus (s. Anm. 5).
4 Von Steer, DW 4,2, S. 967f. angeführt als Beispiel einer Textparallele zu Predigt 115; Hervorhebung von Steer.
5 Und hier Paulus (s. Anm. 3)
Die Übersetzung und die Anmerkungen Quints entsprechen dem Abdruck in: Meister Eckhart, Die deutschen und lateinischen Werke, Die deutschen Werke, Kohlhammer Stuttgart 1976, S. 540-542. Die Texteinschübe und Verweise auf Bibelstellen Quints in () sind etwas eingerückt. Die Anmerkungen zur Übersetzung in () sowie die Auswahl der Anmerkungen seiner Edition in [] sind fortlaufend beziffert. Im Original wird auf jeder Seite neu gezählt. (Hier ist nur ein Bruchteil seiner Anmerkungen wiedergegeben). Die dort kursiv gedruckten Stellen sind hier in normaler Schrift wiedergegeben.
Zur farblichen Gestaltung s. Darbietung.
Edition
Pfeiffer, Nr. XLI S. 138-140.
Strauch, Nr. 28 S. 62-64.
Quint, DW III, S. 181-203.
Übersetzung: Quint.
Beschreibung
"Die Predigt ist in fünf Hss. und im BT ganz, in drei Hss. fragmentarisch überliefert. Sie ist hsl. für Meister Eckhart bezeugt" [Largier, S. 675] (Zu den Hss. s. Predigten).
BT = Tauler, Opera, Basel (BTa 1521, BTb 1522).
Datierung
Wie schon Predigt 9 ist diese Rede nah am ersten Pariser Magisterium. Auch die vielfache Verwendung der Meister spricht dafür, ganz abgesehen von der Ironie bzgl. des 'großen Pfaffen'. Eckhart ist noch erfüllt von dem Erleben an der 'Schule'. Datiert wird die Predigt von Quint (DW 3, S. 187, Anm. 1) wie von Theisen in die Osterzeit auf den dritten Sonntag nach Ostern bzw. auf den "2. Sonntag nach der Oktav von Ostern" (Theisen, S. 137).
Für das Jahr 1303 kann man sie nur in dem Fall ansetzen, wenn er - der Vorgabe des Generalkapitels folgend - bereits im Jahr 1302 wieder nach Erfurt zurückgekehrt war. Dann hätte Eckhart die vorliegende Predigt am 28. April 1303 gehalten haben können.
Sollte er aber das Semester 1302/03 in Paris verbracht haben, dann wird eine frühe Datierung schwierig. Das er in Paris eine Predigt in deutscher Sprache gehalten hat, ist wohl eher unwahrscheinlich. Im Jahr 1304 fällt das Datum auf den 19. Mai (einen Tag vorher war sein Provinzialat bestätigt worden). Da Eckhart auf dem Generalkapitel vom 16.-18. Mai in Toulouse anwesend war, entfällt diese Möglichkeit.
Das Jahr 1305 sieht den 3. Sonntag am 9. Mai. Quint und Largier weisen darauf hin, daß die Prr. 69, 70 und 71 viele inhaltliche und textliche Übereinstimmungen aufweisen. Pr. 69 und Pr. 70 wurden zum gleichen Leitzitat gehalten, wobei Pr. 69 wahrscheinlich in die Woche nach dem dritten Sonntag nach Ostern fällt. Wie ich zu Pr. 69 anmerkte, enthält sie die Aussage: Sô mîn vater stirbet, was als Hinweis darauf verstanden werden kann, daß sein Vater im Sterben liege (am 19. Mai 1305 ist Eckhart in Gotha bei der "Testamentsvollstreckung" anwesend). Sollte die Überlegung zutreffen, dann hätte er erst nach dem Halten von Predigt 70 vom Zustande seines Vaters erfahren, da Predigt 69 zwar Elemente von Pr. 70 aufnimmt, aber wesentlich 'ernster' gehalten ist und auch mit den Meistern nur sparsam umgeht.
Da ist aber ein Wörtchen, das einer Datierung auf 1305 widerspricht, und das ist niuwelîche - neulich (s.o.). Beim besten Willen kann man von einer Situation, die 2 oder gar 3 Jahre zurückliegt, kaum von "neulich" sprechen. In den übersetzten Predigten (1-86) erscheint der Begriff in 11 Predigten 17mal, in 6 Prr. je zweimal. In mindestens 10 Fällen kann man es als einen Rückverweis (Rv.) verstehen, hier handelt es sich eher um einen Hinweis: Ein grôzer pfaffe kam niuwelîche ze Parîs. Entweder ist das ironisch zu verstehen oder die Zuweisung auf das Leitzitat stimmt nicht oder Eckhart hielt die Predigt zu einem ganz anderen Zeitpunkt.
An dieser Stelle kommt die Überlegung Max Pahnckes ins Spiel, die Quint für "nicht stichhaltig" hält (S. 189). Pahncke bezieht sich auf die Textstelle bei Pfeiffer, wo es heißt: "Ein meister sprach ze Paris.." und schreibt: "Es handelt sich hier also um eine der so häufigen Disputationen zweier Universitätslehrer - meister - zu Paris. Thema ist die Frage nach dem Vorrang des Erkennens oder des Willens. Der erste, der den Gedanken des Vorrangs des Willens vor dem Erkennen von Paris aus energisch vertrat, war der berühmte junge Franziskaner Duns Scotus (..) Er wird, und das hat man m. W. auch bisher immer angenommen, mit dem ersten Meister obiger Stelle gemeint sein (..) Wer aber ist jener zweite meister obiger Stelle? Er wird im Basler Druck a.a.O. der best meister zû Pareys genannt." Pahncke identifiziert ihn mit Hervaeus Natalis: "Hervéus war seiner Zeit berühmt und angesehen, vor allem im Dominikanerorden, denn er wurde 1309 zum Provinzialprior der Dominikanerordensprovinz Frankreich, 1318 zum magister generalis ordinis, d.h. zum Generalprior des Ordens erwählt" und stellt dann fest: "Und höchstwahrscheinlich liegt Pf. nr. 41 nach Ostern 1307, da Herveus erst von da ab meister war, vorher nur baccalaureus" [Pahncke, S. 64 ff.].
Die Datierung Pahnckes passt hervorragend zum liturgischen Termin. Dass Eckhart als Provinzial ständig über die Vorgänge im Orden unterrichtet war, sollte man annehmen, erst recht, wenn es sich um einen Streit in Paris handelt. Und wenn man den Zuordnungen der Rückverweise nach Quint folgt, dann bezieht sich der Obige (s. 3. Absatz) auf die Predigt Q 71, die sich wiederum auf Q 69 bezieht, d.h. die vorliegende Predigt wäre nach Q 69 gehalten worden und nicht vorher. Diese Angaben sind aber mit Vorsicht zu genießen, da die Rückverweise nur unbestimmt von 'gelegentlich' und 'öfter' sprechen. Und hier sind wir wieder bei 'niuwelîche', das Wörtchen, das nur in einem Textfragment auftaucht (S. 188), Kö1 - von 13 bei Klimanek verzeichneten Textzeugen (wobei Kö1 nicht enthalten ist), und von Heinrich von Erfurt in seiner Postille verwendet wurde (S. 182). Es darf somit bezweifelt werden, dass 'neulich' ursprünglich ist. Die Predigt könnte also neben dem 28. April 1303 auch am 9. Mai 1305 (einige Tage vor Q 69) oder am 16. April 1307 gehalten worden sein.