Kunst

kunst
Gotik
Bildhauer
Malerei
Kunstgewerbe
Romanik
Bildhauer
Malerei
Kunstgewerbe
Erwin von Steinbach
Giotto
Giovanni Pisano
Niccolo Pisano
Nikolaus von Verdun

Chronik: 11., 12., 13., 14. Jh.

Allgemeine Entwicklung

Swâ kunst ist âne bescheidenheit,
dâ ist verlorn arebeit.

Freidank, S. 166/167
Fängt Kunst nicht mit Erfahrung an,
bleibt alle Müh' umsonst getan.
Freidank 126,9
[29.11.04]

Chronik

11. Jahrhundert
12. Jahrhundert
13. Jahrhundert
14. Jahrhundert Alle Angaben: [Stein] (Seite) [1.11.04]

Allgemeine Entwicklung

  Wie im Bauwesen, so ist auch die Kunst in den beiden vorherrschenden Stilrichtungen der Romanik und der Gotik ausgedrückt. Während in der romanischen Baukunst durch die Verwendung römischer Architekturglieder oder die Wiederaufnahme römischer Architekturprobleme wie der Wölbung ein tatsächlicher Zusammenhang mit Rom vorhanden ist, so ist in Bildnerei und Malerei davon nichts zu spüren. Diese beginnen überhaupt erst dort "romanisch" zu werden, wo der Zusammenhang mit Rom aufgehört hat, und die Gestaltungsgesetze, die sie jetzt zu entfalten beginnen, haben mit der Antike nichts zu tun. [WdK, S. 553 f.]
  In der Gotik dagegen tritt die Bildnerei in einem Maße, wie es bisher in Europa noch nicht der Fall gewesen war, in Zusammenhang mit der Architektur (in gewisser Weise trifft das auch auf die Malerei - insbesondere die Glasmalerei - zu). Dabei ist das 13. Jahrhundert das größte dieses Zusammenwirkens. [WdK, S. 235] [16.3.00]

Romanik

Die Bildhauerkunst
  bemüht sich zum ersten Mal seit dem Ausgang der Antike wieder, aus der flachen Reliefschicht Körperliches herauszurunden, und in einzelnen Fällen schafft sie sogar Freifiguren. Es entsteht vor allem in Verbindung mit dem Bauwerk eine Großplastik. Das romanische Bildwerk ist naturfern, von archaischer Strenge, wenig differenziert in Gewandtbildung und Gesichtausdruck. Doch gibt es gerade in der Romanik in Burgund und Südfrankreich Werke einer außerordentlichen mimischen Beweglichkeit. Die Naturferne begünstigt formelhafte Bildungen, die an den Köpfen, Gliedmaßen und in der Gebärdensprache immer wieder zu sehen sind. [WdK, S. 554]
  In den Tympanonreliefs wird häufig das Jüngste Gericht dargestellt; in den oft sehr reich skulptierten Kapitellen erscheint neben erzählenden Szenen auch phantastisches, ebenso am Außenbau. Im Rhein-Maas-Gebiet bedeutende Werke der Goldschmiedekunst (u.a. Reliquienschreine) und Elfenbeinschnitzereien. [VoL 9, S. 667] [16.3.00]

Die Malerei
  als Wand-, Glas-, Miniatur- und Emailmalerei wird von ähnlichen Gestaltungsgesetzen beherrscht, während das auf Holz gemalte Tafelbild noch große Ausnahme ist. Es gibt keinen Hintergrund, sondern nur einen Grund, also keinerlei Raum- oder Körperillusionismus. Auf die Wiedergabe naturalistischer Formenzusammenhänge ist verzichtet und die Größenverhältnisse der Menschen und Dinge richten sich nach ihrer Bedeutung, nicht nach der Wirklichkeit. Die romanische Malerei will nicht raum-körperliche Erscheinung wiedergeben, sondern einen christlichen Vorstellungsinhalt schlagkräftig veranschaulichen, wozu auch die mit allen Mitteln erstrebte farbig-dekorative Wirkung des Bildes gehört. [WdK, S. 554]
  Die Buchmalerei hat einen ihrer Höhepunkte im 11./12. Jh.: ganzseitige Miniaturen in Evangeliaren, Heiligenviten, Bibelhandschriften und Psalterien. Von der sehr bedeutenden Glasmalerei sind nur wenige Beispiele erhalten. [VoL 9, S. 667] [16.3.00]

Das Kunstgewerbe
  zeigt sich in größter Mannigfaltigkeit, von der Plastik einerseits und der Malerei andererseits oft kaum zu trennen, da es neben der künstlerischen Formung von Gegenständen auch vielfach darstellerische Aufgaben verfolgt. Gerade im kleinen Format ist vieles vorgebildet, was Plastik und Malerei dann im großen Maßstab aufgenommen haben, da in der mittelalterlichen Kunst kaum eine ästehtische Grenze zwischen klein und groß bestand. Die schöpferische Kraft der Romanik auf kunstgewerblichem Gebiet war so bedeutend, daß die Gotik oft nichts anderes zu tun hatte, als das bereits Vorhandene nach ihrem Geschmack abzuwandeln. [WdK, S. 554] [16.3.00]

Die Gotik

Die Bildhauerkunst
  Die Ausbildung der Säulenportale war die Voraussetzung für die Entstehung der aus dem Zusammenhang der Mauer herausgelösten, um eine eigene Körperachse gerundeten gotischen Gewändefigur (zuerst in Chartres, Säulenportale der Westfassade, 1145-55). In der französischen Hoch-Gotik bildete sich ein klassischer Schönheitskanon heraus, der sich durch Beseeltheit, freie Beweglichkeit und differenzierte, faltenreiche Gewandbehandlung ausdrückte. Diese Entwicklungsstufe fand einen deutschen Widerhall vor allem in den Naumburger Stifterfiguren (um 1250). [VoL 4, S. 667]
  Das die gotische Baukunst beherrschende Prinzip der Entschwerung der Masse begann im späteren 13. Jh. sich auch in der Bildnerei auszuwirken und den größten Teil des 14. Jh. in Geltung zu bleiben. Im Zusammenhang damit ergibt sich, daß die Figuren nicht mehr fest auf dem Boden zu stehen, sondern im gotischen Schwung von einer übergeordneten Macht ergriffen zu sein scheinen. Das alles bedeutet: im weiteren Verlaufe der Gotik verschwinden Naturalismus und irdische Vergegenwärtigung, um einer neuen Vergeistigung Platz zu machen. [WdK, S. 236] [16.3.00]

Die Malerei
  Mit der Gotik setzte mit dem Wunsch, die Wände aufzulösen, die eigentliche Blütezeit der Glasmalerei ein, vor allem in Frankreich (Kathedralen von Chartresund Bourges, Reims, Paris), dessen Glasmalerei auf England einwirkt (Canterbury, Lincoln, Kathedrale von York), Spanien (León), Italien (Assisi, Orvieto) und Deutschland (Marburg, Regensburg, Domchor zu Köln, Freiburg, Erfurt, Straßburger Münster), das dann im 14. Jh. führend wird. (Bzgl. der Technik s. Glasmalerei). [VoL 4, S. 668] In diesen Kathedralen und Münstern erreichte die mittelalterliche Bildkunst ihren Gipfel, denn sie haben alles Irdische, Raum und Leib, völlig überwunden. Ihre Gestalten sind ganz entmaterialisiert, scheinen in einem geistigen Reiche zu leben. Das Licht, das sie durchstrahlt, verwandelt und heiligt den ganzen farbig durchglühten Kirchenraum. Seit dem 14. Jh. kam die Glasmalerei unter dem Einfluß der die Wirklichkeit nachahmenden Tafelmalerei und verlor den Charakter des Übersinnlichen. Die Neuzeit verlernte die Leuchtkraft der alten Farben, und erst die Gegenwart sucht sie wiederzufinden. [KKE, S. 59]
  Von Paris ausgehend entwickelte sich seit Mitte des 13. Jh. eine bedeutende höfische Buchmalerei, die im 14. Jh. in Burgund und den Niederlanden einen Höhepunkt erlebte. [VoL 4, S. 668] [16.3.00]

Das Kunstgewerbe
  Im Kunsthandwerk der Zeit bilden Höhepunkte die kostbaren Werke der Goldschmiedekunst (Schreine, Monstranzen, Reliquiare), Kleinkunstwerke aus Elfenbein, Bildwirkereien (Apokalypse von Angers), Stickereien auf Klerikergewändern, schmiedeeiserne Beschläge. [PC-Bib] [1.11.04]

Namen

Nikolaus von Verdun
  (* um 1130 in Verdun, † nach 1205 vermutlich in Tournai).
Lothringischer Goldschmied und Emailmaler. - Nachweisbar zwischen 1181 und 1205 schafft er mit der in Grubenschmelztechnik geschaffenen 68 emaillierten Bildplatten eines dreiteiligen Altars der Stiftskirche in Klosterneuburg bei Wien (sog. "Verduner Altar") das bedeutendste mittelalterliche Emailbildwerk (mit byzantinischen Elementen), das für die von der Antike bestimmten frühgotischen Stilentwicklung mit starker Plastizität und Bewegung von großem Einfluß war. Weiterhin werden ihm zugeschrieben: der Dreikönigsschrein des Kölner Domes, der Marienschrein in Doornik und der Annoschrein in Siegburg. [VoL 8, S. 293; E2J, S. 74] [16.3.00]

Niccolò Pisano
  * in Apulien (?) um 1225, † Pisa (?) bald nach 1278
Italienischer Bildhauer. - Vater von Giovanni Pisano; einer der bedeutendsten europäischen Bildhauer des Mittelalters, tätig in der Toskana, dort seit 1258 nachweisbar. Seine Kanzel des Baptisteriums in Pisa (1260 signiert) verbindet gotische Formen (erstmals in Italien im gotischen Sinn gestaltete Gewandfiguren) und das Bildprogramm der französischen Gotik mit Vorbildern antiker Sarkophagreliefs. In der Domkanzel von Siena (1265-67), die er, wie den Brunnen auf dem Domplatz in Perugia (1278), mit seinem Sohn Giovanni schuf, wandelt sich sein Reliefstil zu erzählerischem Reichtum und dramatischer Zuspitzung der Szenen. [PC-Bib]
  Er leitete mit einem antik beeinflussten Stil von der Romanik zur Gotik über. [Stein, S. 559] [1.11.04]

Giovanni Pisano
  * Pisa (?) zwischen 1245 und 1250, † Siena (?) bald nach 1314
Italienischer Baumeister und Bildhauer. - Sohn von Niccolò Pisano; Mitarbeiter seines Vaters an der Domkanzel in Siena (1265-67) und am Brunnen in Perugia (1278); wurde 1284 Dombaumeister in Siena und mit dem Bau der Westfassade betraut, für die er die Skulpturen (heute Dommuseum) schuf; 1297 Dombaumeister in Pisa, wo er für das Baptisterium die Bildwerke der gotischen Geschosse gestaltete. Pisano schuf zwei große Kanzeln, 1297-1301 für Sant' Andrea in Pistoia, 1302-12 die von Stützfiguren getragene des Doms in Pisa, außerdem v.a. Madonnen. Seine anfangs an den antikisierenden Stil des Vaters anknüpfende Kunst setzt die Kenntnis der französischen Gotik voraus, unterscheidet sich aber von dieser durch ihr leidenschaftliches, den Ausdruck steigerndes Temperament. [PC-Bib] [1.11.04]

Erwin von Steinbach
  * um 1244, † Straßburg 17.1.1318
Deutscher Baumeister. - Leiter der Straßburger Münsterbauhütte; sein Anteil an Entwurf und Ausführung der unteren Teile der Westfassade (ab 1276) ist umstritten; einflußreich vor allem in Schwaben und im Donaugebiet. [VoL 3, S. 595]
  Er wird (urkundlich nicht gesichert) 1284 als Werkmeister am Straßburger Münster genannt und auf seinem Grabstein als Leiter des Baues bezeichnet. Die Romantik hielt ihn für den Erbauer des ganzen Münsters (Goethes Aufsatz "Von deutscher Baukunst", 1773) und umwob ihn mit dem Nimbus des gotischen Baumeisters an sich (Roman von Melas, 1834). [WdK, S. 162] [16.3.00]
  Nach einer vor 1732 verlorengegangenen Inschrift über dem Hauptportal begann Erwin 1277 mit dem Bau der Fassade des Straßburger Münsters, urkundlich wird er 1284, 1293 und 1316 erwähnt. Von ihm stammt vermutlich der Fassadenriß B des Münsters. Nach seinem Tod 1318 (Grabstein) Weiterführung des Münsterbaumeisteramtes durch seine Söhne. [LdM III, Sp. 2192] [1.11.04]

Giotto di Bondone
  * Vespignano (heute zu Vicchio, Provinz Florenz) 1266(?), † Florenz 8.1.1337
Italienischer Maler und Baumeister. - Der Überlieferung nach Schüler von Cimabue, der neueren Forschung zufolge auch von P. Cavallini ausgebildet; ferner beeinflusst von G. Pisano. Giotto begann vermutlich 1290 in der Oberkirche von San Francesco in Assisi selbständig zu arbeiten. Sein Anteil an den Fresken mit biblischen Szenen ist ebenso umstritten wie sein Anteil an den Szenen aus dem Leben des heiligen Franziskus (1297/99). Zwischen 1290 und 1300 entstand gleichfalls ein Kruzifix für die Kirche Santa Maria Novella in Florenz. Zu den Jubiläumsfeiern des Jahres 1300 führte Giotto Fresken in der Loggia des Lateranpalastes in Rom aus. Die erste, bereits in alten Quellen einstimmig Giotto zugeschriebene Arbeit ist die Ausmalung der Arenakapelle in Padua (zwischen 1304 und 1313, Szenen aus dem Leben Mariens und Christi, Jüngstes Gericht, Allegorien der Tugenden und Laster). Zugeschrieben werden ihm auch ein dort befindliches Kruzifix (1317) und ein diesem ähnelndes im Tempio Malatesta in Rimini (zwischen 1310 und 1317). 1311-29 ist die Anwesenheit Giottos in Florenz durch mehrere Dokumente bezeugt. Hier schuf er neben Tafelbildern (»Maestà« für die Kirche Ognissanti, um 1306-10) Freskenzyklen (1317-20) in der Bardikapelle (Szenen aus der Legende des heiligen Franziskus) und der Peruzzi-Kapelle (Szenen aus dem Leben des heiligen Johannes des Täufers) von Santa Croce in Florenz. 1328 wurde Giotto nach Neapel berufen. 1335/36 wird er in Mailand erwähnt. Sein letztes großes Werk ist der 1334-37 in Florenz nach seinen Plänen erbaute Campanile des Doms.
  Schon von den Zeitgenossen als Neuerer der italienischen Malerei gefeiert, gilt Giotto heute als Wegbereiter einer auf Naturbeobachtung und Psychologie gestützten Gestaltungsweise, die in der italienischen Kunst die Abkehr vom strengen Schematismus der byzantinischen Schule (Maniera greca) einleitete und eine für die Entwicklung der Renaissance wesentliche persönliche Auffassung des Künstlers von Umwelt und Gesellschaft zeigte. Aus seinen von einer reichen Vielfalt der Vorstellungen geprägten Anfängen gelangte Giotto in seiner Reifezeit zur Klarheit einer übersichtlich geordneten Bildwelt, in der sich starker dramatischer Ausdruck mit Monumentalität verbindet. In seiner Spätphase fand er schließlich zu symmetrischen Tektonik und zu einer klassisch ausgewogenen Form. Bei der Menschendarstellung führt diese Entwicklung von vitaler Hingabe der Gestalten an ein wirklichkeitsnahes Geschehen über gesammelte Eindringlichkeit von Handlung und Gefühlen zur ernsten Verhaltenheit maßvoll abgeklärter Empfindungen und Reaktionen. An allen Wirkungsstätten Giottos bildeten sich Schulen, die die Phasen seiner Entwicklung widerspiegeln; unmittelbare Schüler waren B. Daddi, T. Gaddi und Maso di Banco. [PC-Bib] [14.3.04]