Dominikaner

dominik
Alphabetisch | Chronologisch *
Albertus Magnus
Bernhard Gui
Berthold von Moosburg
Berengar von Landora
Dietrich von Apolda
Dietrich von Freiberg
Durandus de San Porciano
Galvano Fiamma
Heinrich von Herford
Heinrich Seuse
Herv(a)eus Natalis

Hugo Ripelin
Jacobus de Voragine
Jakob von Metz
Jakob von Soest
Johannes Tauler
Johannes von Dambach
Johannes von Paris
Johannes von Sterngassen
Jordan von Sachsen
Nikolaus von Straßburg
Petrus de Dacia

Thomas von Aquin
Ulrich von Straßburg
Vincenz von Beauvais
Wilhelm von Moerbeke
Wilhelm von Paris
Wilhelm Petrus von Godino

Hagiograph
Hagiographie
Homiletik
Legenda aurea
Chronologisch | Alphabetisch *
13. Jh.: Vincenz von Beauvais
Jordan von Sachsen
Albertus Magnus
Hugo Ripelin
Wilhelm von Moerbeke
Ulrich von Straßburg
Thomas von Aquin
Petrus de Dacia
Jacobus de Voragine
Dietrich von Apolda
Johannes von Paris
Dietrich von Freiberg

Wilhelm von Paris
13. / 14. Jh.
Herv(a)eus Natalis
Bernhard Gui
Berengar von Landora
Jakob von Metz
Johannes von Sterngassen
Nikolaus von Straßburg
Durandus de San Porciano
Wilhelm Petrus von Godino
Galvano Fiamma
Johannes von Dambach

14. - 15. Jh.
Heinrich Seuse
Johannes Tauler
Berthold von Moosburg
Heinrich von Herford
Jakob von Soest

Hagiograph
Hagiographie
Homiletik
Legenda aurea
Autoren Dominikanerorden Franziskaner Frauen Namenregister

Swer niht kan von der erden sagen,
der mac der himele wol gedagen.

Freidank, S. 94/95
Wem über unsre Erd' nichts kund,
der halt' vom Himmelreich den Mund.
Freidank 71,19
[30.11.04]

Vinzenz von Beauvais
  * zwischen 1184 und 1194, † Beauvais um 1264
Französischer Pädagoge. - Wirkte am Hof König Ludwigs IX.; sein dreiteiliges Speculum maius (erstmals gedruckt 1474, entstanden wohl um 1256) ist die erste und umfassendste Enzyklopädie des Mittelalters. [PC-Bib] [9.2.04]

Jordan von Sachsen (Jordanus von Sachsen, Jordanus de Saxonia)
   * Westfalen Ende 12. Jh., † 13.2.1237
2. Ordensmeister. - Als Theologiestudent 1220 in Paris dem Dominikanerorden beigetreten, wurde Jordan 1221 Provinzial der Lombardia und am 22. Mai 1222 [2.] Ordensgeneral. Als solcher wirkte er maßgeblich am Aufbau der Studien- und Verwaltungsorganisation des Ordens wie an seiner Expansion im Kreise von Gebildeten mit. Außer dem Kommentar »In Priscianum minorem« (ed. M. Sirridge, 1980) und der »Postilla in Apoc.«, beide vor dem Ordenseintritt geschrieben, verfaßte Jordan als Ordensgeneral zahlreiche Briefe (ed. A. Walz, 1951), Sermones, eine »Oratio ad b. Dominicum« (ed. H.C. Scheeben, 1927/28) sowie den »Libellus de initiis Ordinis Praedicatorum« (1231-35, 2 Redaktionenen; ed. Ders., 1935), die wichtigste Quelle für die Gründervita und die Frühgeschichte des Ordens. D. Berg, [LdM V, Sp. 629] (Vgl. Die "ältesten Konstitutionen" - Einführung). [17.1.09]

Albertus Magnus (Albert der Große)
  * Lauingen (Donau) um 1200, † Köln 15.11.1280
Deutscher Naturforscher, Philosoph und Theologe. - Aus staufischer Ministerialenfamilie stammend, seit 1229 (1223?) Dominikaner. Lehrer in Paris (1244-48) und an verschiedenen deutschen Hochschulen. Bedeutendster Schüler: Thomas von Aquin. Provinzialoberer seines Ordens für das deutsche Sprachgebiet (1253-56) [1254-57], Bischof von Regensburg (1260-62), päpstlicher Legat und Kreuzzugsprediger in Deutschland und Böhmen.
"Zu Fuß bereiste Albertus Magnus fast ganz Mitteleuropa. Die rot markierten Orte besuchte er von September 1254 bis September 1256. Während dieser Zeit war er als Leiter der deutschen Ordensprovinz fast pausenlos unterwegs." [SdW 11/2003, S. 76]
  Seine Hauptbedeutung als Philosoph liegt nicht in eigenen philosophischen Beiträgen, sondern in seinem Eintreten für die Verbreitung und Auswertung der seit dem 12. Jh. neu erschlossenen, teilweise aber noch verbotenen aristotelischen, arabischen und jüdischen Schriften. Besonderes leistete er durch seine naturphilosophischen und naturwissenschaftlichen Schriften. Er versuchte eine Klassifikation der Pflanzen, trug durch eigene Versuche gewonnene physiologische Beobachtungen vor und wandte sich gegen eine Reihe von mythischen Vorstellungen. Er machte auch chemische Experimente, hing hier jedoch noch organisch-alchimistischen Vorstellungen an (Beiname: Doctor universalis). In der katholischen Kirche Patron der Naturwissenschaften. [VoL 1, S. 196] [17.3.00]

Hugo Ripelin von Straßburg
  * 1200/10, † 1268
Theologe und Philosoph. - Aus angesehenem Straßburger Geschlecht. Nach theologischer und philosophischer Ausbildung im Straßburger Konvent Prior des Zürcher Predigerklosters (1232-1242, 1252-1259) und des Straßburger Konvents (1261). In seinem 1260/68 konzipierten "Compendium theologicae veritatis", einem für die theologische Praxis wie den Studienbetrieb bestimmten Abriß der Theologie, der mehrfach übersetzt und bis ins 16. Jahrhundert benutzt wurde, wird das gesamte theologische Wissen von der Gotteslehre bis zur Eschatologie autoritätsfreudig, bisweilen auch originell abgehandelt. Die Philosophie gilt dabei als nützliches Instrument zur wissenschaftlichen Erforschung logischer, naturphilosophischer und ethischer Phänomene.
  Wichtigste Quellen: Augustinus, Dionysius Areopagita, Anselm von Canterbury, Hugo von Saint-Victor, Bernhard von Clairvaux, Petrus Lombardus, Wilhelm von Auxerre, Bartholomaeus Anglicus, Alexander von Hales und besonders Bonaventura; Aristoteles (abgesehen von dessen »Metaphysik«), Cicero, Ptolemaeus, Macrobius, Boethius, Remigius von Auxerre, »Liber XXIV Philosophorum« und Alfredus Anglicus. Spezifische Theorien des Albertus Magnus sind im Compendium nicht nachweisbar. B. Mojsisch, [LdM V, Sp. 176] [4.7.03]

Wilhelm von Moerbeke
  * Moerbeke (Flandern) um 1215, † Korinth (?) 1286
Flämischer Übersetzer. - Missionar in Griechenland, Beichtvater mehrere Päpste und später (1278) Erzbischof von Korinth. Er übersetzte (sehr wortgetreu) Hippokrates und Galen, Archimedes und Heron und vor allem Aristoteles aus dem griechischen Urtext ins Lateinische. Nunmehr wurden auch solche Werke der lateinischen Welt zugänglich, die von den Arabern nicht übersetzt worden waren. Darunter war die Politik des Aristoteles, die einen ganz neuen Abschnitt politischen und sozialphilosophischen Denkens in Europa einleitete. Die Aristoteles-Übersetzungen machte Wilhelm zum Teil auf Bitten seines großen Freundes Thomas von Aquin, für den sie die Grundlage seiner eigenen philosophischen Arbeiten bildeten. [KWW, S. 174; VoL 12, S. 502] [17.3.00]

Ulrich von Straßburg
  * (Straßburg) um 1220, † 1277
Theologe. - Ulrich studierte wahrscheinlich in Köln unter Albertus Magnus; danach längere Zeit Lektor in Straßburg, Lehrer des Johannes von Freiburg; 1272-77 erfolgreiches Priorat der deutschen OP-Provinz, delegierte Dietrich von Freiberg zur Weiterbildung nach Paris; 1277 Abberufung nach Paris, um dort mit dem Ziel eines späteren Magisteramtes als Baccalaureus sententiarius zu wirken; Tod auf dem Weg nach Paris.
  Das zwischen 1265-74 verfaßte Hauptwerk »De summo bono« gibt sich als Systematisierungsversuch philosophischer und theologischer Gedanken des Albertus Magnus. Die beiden letzten der geplanten acht Bücher sind nicht überliefert und wohl wegen seinem Tod ungeschrieben geblieben. Ulrichs Quellen sind Augustinus und besonders Ps.-Dionysius Areopagita, auch Aristoteles, v.a. aber die Schriften und Kommentare seines verehrten Lehrers Albertus Magnus. Christologie und Urstandslehre sind deutlich vom Sentenzenkommentar des Thomas von Aquin abhängig. Ulrich folgt bei der Ausgestaltung seiner mehr traktat- als quästionenhaften Ausführungen meist einer Quelle, führt sie aber in eigenständiger Weise aus. So zitiert er, De summo bono innerhalb seiner Gottesbeweise affirmativ ein epikureisches Consensus gentium-Argument sowie das aristotelische (!) Höhlengleichnis im Anschluß an Cicero. M. Laarmann, [LdM VIII, Sp. 1202/03] [9.2.04]

Thomas von Aquin
  * Burg Roccasecca bei Aquino 1225/26?, † Fossanova 7.3.1274
Scholastischer Theologe und Philosoph. - Adliger Herkunft, im Kloster erzogen; studierte ab 1239 die Artes liberales in Neapel; trat 1243 in den Dominikanerorden ein; seit 1245 Studium bei Albertus Magnus in Paris und 1248-52 in Köln; lehrte 1252-56 in Paris, 1259-69 in Orvieto, Viterbo und Rom, 1269-72 wieder in Paris und ab 1272 in Neapel; starb auf der Reise zum 2. Konzil von Lyon.
  Thomas entwickelte - die von seinem Lehrer Albertus Magnus begonnene Hinwendung zum Aristotelismus weiterführend - eine globale Synthese von Glauben und Wissen, Offenbarung und Vernunft, Gnade und Natur- bzw. Schöpfungsordnung, Übernatur und Natur, Theologie und Philosophie in und zu einem System axiomatisch-spekulativer Theologie, vor allem in seinem Hauptwerk - dem Höhepunkt der Scholastik überhaupt - "Summa Theologica" (1266-73). - Die kritische Auseinandersetzung mit seiner Lehre (angeregt vor allem durch die Franziskanerschule [Roger Grosseteste, Alexander von Hales, Bonaventura, J. Peckham, Richard von Middletown, Johannes Duns Scotus]) erreichte mit deren Verurteilung 1277 ihren Höhepunkt, doch bereits 1309 wurde sie zur Ordensdoktrin der Dominikaner erhoben. Durch seine Heiligsprechung (1323) und Erhebung zum Kirchenlehrer (1567) wurde die Wirkung seiner Lehre auch institutionell abgesichert. [VoL 11, S. 448] [17.3.00]
  Seine "Summa theologica" ist die hochscholastische Zusammenfassung der römisch-christlichen Theologie unter Verwendung der aristotelischen Philosophie; ersetzt das "Ich glaube, damit ich erkenne" ("Credo ut intelligam") der Frühscholastik durch den Grundsatz "Glauben durch vernünftige Erkenntnis"; anerkennt die Offenbarung als außer-, aber nicht widervernünftige Erkenntnisquelle theologischer Wahrheiten. [Stein, S. 554] [7.11.04]

Petrus de Dacia (Petrus von Dacien, Petrus Gutensis)
  * Gotland um 1235, † Visby (Gotland) 1289
Theologe. - Nach Eintritt in den Dominikanerorden, dessen nordeuropäische Provinz den Namen 'Dacia' trug, studierte Petrus 1266-69 in Köln und 1269-70 in Paris, wo damals Thomas von Aquin lehrte. In Schweden war er seit 1271 Lektor in Skänninge und Västeras, dann wurde er zum geistlichen Lehrer des Klosters in Visby berufen, als dessen Prior er starb. Während des Aufenthalts in Köln begegnete er am 20. Dezember 1267 der Mystikerin Christina von Stommeln. Als Christinas Seelenführer verfaßte er ihre Lebensbeschreibung, die in der längeren Fassung einer jülichen Hs., gekürzt in einer Hs. aus Einsiedeln, vorliegt. Sie spiegelt den Reichtum der Dominikaner-Mystik, zeigt Einflüsse des Neuplatonismus sowie der Schriften von Augustin, Dionysius Areopagita, Bernhard von Clairvaux und Richard von St. Victor. Das Werk enthält ein Selbstporträt des Verfassers und ist ein herausragendes geistes- und kulturgeschichtliches Dokument der Lebensform Mittel- und Nordeuropas im 13. Jahrhundert. R. Volz, [LdM VI, Sp. 1970] [9.2.04]

Jacobus de Voragine
  * Varazze (bei Genua) wahrscheinlich 1226, † Genua 14.7.1298
Theologe, Hagiograph. - 1244 Ordenseintritt; um 1252 Lector der Theologie, 1260 Prior in Genua, 1267-77 und 1281-86 Provinzial der Lombardei. Jacobus sträubte sich lange, die Wahl zum Erzbischof von Genua anzunehmen, mußte aber schließlich dem Druck Nikolaus IV. nachgeben und wurde (kurz nach dessen Tod) in Rom am 13. April 1292 geweiht. Er setzte sich für eine Reform des städtischen Klerus ein und vermittelte zwischen den Faktionen der Stadt; seinen Bemühungen war jedoch nur kurzer Erfolg beschieden (1295). Sein Nachruhm beruht auf seinem literarischen Werk, v.a. auf der wahrscheinlich um 1263/67 verfaßten Legenda aurea, einer dem Kirchenjahr folgenden Sammlung von Heiligenviten, die von Anfang an weite Verbreitung erfuhr, in die Volkssprachen übersetzt und im Lauf des Spätmittelalters erweitert wurde. Sehr bedeutend für die Lokalgeschichte ist seine »Chronica de civitate Ianuae« (Chronik Genuas) von den Anfängen bis 1297, deren letzter Teil die einzige Quelle für die Stadtgeschichte darsteilt. Als Chronist bemüht sich Jacobus, der Geschichte der Genuesen - dem Anschein nach evangelienfern lebende Kaufleute und Seefahrer - aus thomistischem Geist heraus universelle Bedeutung und Sinngebung zu verleihen. Eine wichtige Rolle nehmen in dem Werk die Bischöfe ein; dem berühmtesten von ihnen, dem hl. Syrus (S. Siro), widmete Jacobus auch eine kurze hagiographische Abhandlung. Von Bedeutung sind ferner seine Predigten (sermones de sanctis, de festis, Fastenpredigten), darunter v.a. die Predigten auf die im Dominikanerorden besonders verehrte hl. Jungfrau Maria. G. Barone, [LdM V, Sp. 262] [9.2.04]

Dietrich von Apolda
  * (Apolda) 1220/30, † Erfurt nach 1302/03
Hagiograph. - Dietrich entstammte sehr wahrscheinlich dem einflußreichen thüringischen Ministerialengeschlecht der Herren von Apolda. Seit 1247 gehörte er dem Dominikanerkonvent in Erfurt an, in dem er zeitlebens wirkte. Er zählte zu den geistlichen Betreuern der Mystikerin Gertrud der Großen von Helfta und ist v.a. als Verfasser zweier umfangreicher Lebensbeschreibungen der hl. Elisabeth von Thüringen und des hl. Dominikus bekannt. Inwieweit er darüber hinaus literarisch tätig war, ist nicht mehr anzugeben. Seine beiden Viten galten zwei der bedeutendsten Heiligen seines Jahrhunderts und bildeten lange Zeit die maßgeblichen Darstellungen. War die 1297 abgeschlossene Dominikus-Vita ein ordensoffiziöses Auftragswerk, das sich von den älteren Viten v.a. durch die Fülle des Materials abhob, so bedeutete die 1289/90 von Dietrich wohl aus eigenem Antrieb verfaßte Elisabeth-Vita einen merklichen Neubeginn gegenüber der bisherigen hagiographischen Tradition dieser über ganz Mitteleuropa verehrten Heiligen. Dietrich vereinte in ihr die hagiographischen Angaben der älteren Elisabeth-Texte mit Nachrichten der thüringischen Historiographie und fügte zahlreiche romanhafte Episoden und Elemente der sich um Elisabeth und ihren Gemahl Landgraf Ludwig IV. von Thüringen rankenden volkstümlichen Tradition ein. Sein Werk, das deutliche Ansätze eines an einer populären Heiligengestalt anknüpfenden territorialen Landesbewußtseins enthält, erfreute sich rasch großer Beliebtheit. In zahlreichen Überarbeitungen und volkssprachlichen Versionen verbreitet, fand es Eingang auch in hagiographischen Kompendien, Geschichtswerken und Predigten und bildete weit über das Mittelalter hinaus die wichtigste Grundlage der Elisabeth-Tradition. M. Werner, [LdM III, Sp. 1032/33] [9.2.04]

Johannes von Paris (Quidort)
  * (Paris) ?, † Bordeaux 22.9.1306
Theologe. - 1303 nachweislich Mitglied des Dominikanerkonvents von St. Jakob, Paris; 1304 Lizentiat und Magister der Theologie, Paris. Fraglich ist, ob er das Correctorium »Circa«, die frühen philosophischen Werke und die Predigten des 'praedicator monoculus' verfaßt hat. Das Correctorium »Circa« und der Sentenzenkommentar (um 1292-96) weisen große sachliche Divergenzen auf. Ab 1300 schrieb er: »Über die Ankunft Christi«; »Über den Antichrist« (1300); 1302 eine »Quaestio de potestate papae« (»Rex pacificus«) und den Traktat »Über königliche und päpstliche Gewalt« (1302/03). Hier begründet er erstmalig die politische Macht naturrechtlich (Aristoteles) und die kirchlich-hierarchische Potestas transzendentaltheologisch. 1304: »De confessionibus audiendis«; 1304/05: »Quaestiones de Quodlibet«. Die Determination »De modo existendi corpus Christi« führte zu scharfen Auseinandersetzungen mit der theologischen Fakultät und zum bischöflichen Entzug der Lehrerlaubnis (1305). Er appellierte an den Papst und ging an die römische Kurie nach Bordeaux, wo er starb, bevor es zur Entscheidung kam. M. Gerwing, [LdM V, Sp. 592] [9.2.04]

Dietrich von Freiberg
  * um 1240/45, † nach 1310
Philosoph, Theologe und Naturwissenschaftler. - Dietrich studierte wahrscheinlich zwischen 1260-70 Philosophie und Theologie an deutschen Dominikaner-Studia, war 1271 Lektor des Konvents zu Freiberg; nach Studien in Paris (1272-74) war er 1280/81 Lektor am Dominikanerkonvent zu Trier. 1281/82-93 hielt er sich (als Bakkalar) wahrscheinlich nochmals in Paris auf und war 1293-96 Provinzial der deutschen Ordensprovinz Teutonia (gewählt am 7.11.1293) und Generalvikar (1294-96). Im akademischen Jahr 1296/97 erwarb er an der Pariser Universität den Titel »Magister der Theologie« (wie im 13. Jahrhundert als Deutscher nur Albertus Magnus) und dürfte danach in Paris als »Magister actu regens« gelehrt haben. Schließlich ist er in Urkunden nur noch bezeugt als Teilnehmer am Provinzialkapitel von Koblenz (1303; Wahl zum Provinzialdefinitor), am Generalkapitel von Toulouse (1304) [Vgl. Acta n. 10] und am Generalkapitel von Piacenza (1310; Wahl zum Provinzialvikar der Teutonia).
  Dietrich beteuerte stets, sein Denken verdanke sich der Tradition der Philosophie, verfahre nur auf die Weise forschenden Suchens, ja einer Nachlese von Vergessenem, und beruhe auf der Anerkennung der Konsonanz von Vernunft und Autorität - Bekundungen einer Bescheidenheit, die in merkwürdigem Kontrast stehen zu krassen Invektiven gegen träumererische Theorien oder Allgemeinplätze der communiter loquentes, die aufgrund zahlenmäßiger Überlegenheit, aber nicht argumentativer Stringenz den Sieg davontrügen, in Kontrast auch zu eigenen Denkresultaten: Es war stets Dietrichs Intention, in einem systematisch präzis abgegrenzten Rahmen ein seiner Meinung nach bedeutendes Problem überhaupt wie schwierige Fragen seiner Zeit einer neuen - um nicht zu sagen: revolutionären - Lösung entgegenzuführen, dies - wenn nötig - wider Autorität und wider eine sich selbst vergessende Vernunft.
  Dietrichs Autoritäten - als solche anerkannt oder ggf. kritisiert - waren vornehmlich Aristoteles und Augustin, Proklos und der »Liber de causis«‚ Averroes und Tabit ibn Qurra wie überhaupt die arabischen Naturwissenschaftler und Astronomen, gelegentlich Boethius, Ps.-Dionysius Areopagita, Anselm von Canterbury, Avicenna und Albertus Magnus, auch Thomas von Aquin, dem jedoch allein in seinen frühesten Werken - wenngleich sparsam - Anerkennung widerfuhr, seit der »Trilogie« aber nur noch rohes, fiktives Denken bescheinigt wurde; Freund und Lehrer von Meister Eckhart.
Über den Regenbogen
  Zahlreiche Schriften, darunter De iride - Dietrichs längster Traktat; Entfaltung einer noch heute im wesentlichen anerkannten Theorie des Regenbogens mit Mitteln der Naturwissenschaft. Sein starkes naturwissenschaftliches Interesse zeigte sich ferner in seinen Traktaten und Opuscula wie »De coloribus«, »De elementis corporum naturalium« u.a. B. Mojsisch, [LdM III, Sp. 1033-36 - stark gekürzt] [7.2.04 - neu]
  Als Erster befasst sich im Jahr 1304 Dietrich auf Anregung eines Ordensmeisters der Dominikaner ausführlich mit dem Regenbogen. Dietrich erklärt, dass der Sonnenstrahl beim Eintritt in einen Regentropfen gebrochen, dann im Innern an der Tropfenwand reflektiert und beim Austritt noch einmal gebrochen wird. Seine Erkenntnisse basieren auf eigenen Versuchen mit Wasserkugeln. Die Arbeit ist ein frühes Werk der Experimentalphysik.
  Die grundlegende mathematische Theorie des Regenbogens stellt René Descartes (1596-1650) auf. Wie die Farbe des Regenbogens zustande kommt, kann allerdings erst Isaac Newton (1643-1727) erklären. [Paturi, S. 77] [13.2.06]

Wilhelm von Paris
  * (Paris) ?, † vor 28.11.1314
Theologe. - 1299 Beichtvater der französischen Königskinder, unterzeichnete am 26. Juni 1303 die Appellation der Pariser Dominikaner gegen den Papst an ein Konzil. Wilhelm verfaßte nach 1300 ein katechetisches Handbuch »Dialogus de septem sacramentis«, das weite Verbreitung fand. Ab 1303 Generalinquisitor von Frankreich, als solcher führend am Prozeß gegen den Templerorden beteiligt; seine »Acta inquisitionis in causa Templariorum« sind erhalten [nicht zu vergessen den Prozeß gegen Marguerite Porète, die nicht zuletzt aufgrund seines Urteils am 1. Juni 1310 den Tod auf dem Scheiterhaufen fand]. Die »Tabula super Decretales et Decreta« wird auch einem Wilhelm von Parma zugeschrieben. Nach dem 13.10.1307 war er Beichtvater König Philipps IV. des Schönen. Wilhelm ist zu unterscheiden von Wilhelm von Auvergne, Bischof von Paris († 1249), und dem zwischen 1437 und 1485 faßbaren, ebenfalls Wilhelm von Paris genannten Dominikaner, dessen Predigtwerk »Postilla super epistolas et evangelia Dominicalia et de sanctis« in zahlreichen Frühdruckausgaben verbreitet ist. W. Senner, [LdM VIII, Sp. 182] [7.2.04]

Hervaeus Natalis (Nédélec)
  * nach 1250, † Narbonne 7.8.1323
Theologe. - Anführer der jüngeren Thomistenschule. 1276 OP in Morlaix/Bretagne. Nach 1305 veröffentlichte er seinen Sentenzenkommentar. Bereits als Bakkalar schrieb er die Defensio doctrinae Thomae, das Correctorium gegen Jakob von Metz und wahrscheinlich auch die sog. Quodlibeta Minora (V-XI). 1307-08/09 Magister der Theologie in Paris, lehrte (Quaestiones ordinariae) und disputierte (Quodlibeta maiora I-IV). Seit 1309 Provinzial, seit 1318 Ordensgeneral. Als Theologe und als Ordensoberer verteidigte er die Doktrin des Thomas von Aquin gegen Heinrich von Gent (De quatuor materiis) und seit 1307 gegen Johannes Duns Scotus und gegen Petrus Aureoli. Kritisch setzte sich Hervaeus auch mit Jakob von Metz OP und Durandus de S. Porciano OP auseinander, die in wesentlich philosophischen und theologischen Positionen von Thomas abwichen. Er selbst lehnte jedoch Thomas' These vom realen Unterschied von esse und essentia ab und sprach sich für den Vorrang der essentia aus. Er war ein entschiedener Gegner der psychologischen Trinitätslehre, verteidigte jedoch Thomas' Lehre von der instrumentalen, dispositiven Wirksamkeit der Sakramente. L. Hödl, [LdM IV, Sp. 2185] [9.2.04]

Jakob von Metz
  * (Metz) um 1260, † nach 1306
Theologe. - Verfaßte um 1300/01 und 1302/03 Sentenzenerklärungen, die beide in Schülernachschriften verschiedener Ausarbeitungsformen erhalten sind (12 Hss.; einzelne Quästionen und Textstücke ediert). Sie weisen Jakob als Denker aus, der in reger Auseinandersetzung mit den zeitgenössischen Lehrmeinungen v.a. der Pariser Magistri (z. B. Heinrich von Gent, Aegidius Romanus, Gottfried von Fontaines, Petrus von Alvernia, Johannes von Paris) seine philosophische und theologische Position zu klären suchte. Bei weitgehender Orientierung an Thomas von Aquin weicht er in nicht unwesentlichen Lehrstücken von diesem ab (42 Abweichungen in einem wohl von Hervaeus Natalis verfaßten Korrektorium aufgelistet). In manchen seiner Gedankengänge kündigt sich bereits die Denkhaltung der via moderna an. Unmittelbar von ihm beeinflußt sind Durandus de S. Porciano sowie u. a. auch der Anonymus aus Vat. lat. 985. Th. W. Köhler, [LdM V, Sp. 293] [12.11.09]

Bernhard Gui
  * Royère (Limousin) 1261/62, † Château de Laroux (Hérault) 30.12.1331
Theologe, Inquisitor, Autor. - Trat 1279 zu Limoges in den Dominikanerorden ein, wo er seine Studien begann (1280-83), denen er in der Zwischenzeit auch in Narbonne nachging (1285), sie dann wieder in Limoges aufnahm (1286-88), um sie in Montpellier abzuschließen (1289-90). Danach lehrte er Theologie in Limoges (1291), Albi (1292-93) und Castres (1294), war Prior in Albi (1294), Carcassonne (1297), Castres (1301) und Limoges (1305-07) mit kurzer Wiederaufnahme der Lehrtätigkeit in Carcassonne (1305). 1307 zum Inquisitor von Toulouse ernannt, hatte er dieses Amt bis zum 23. Dezember 1323 inne, ließ sich jedoch meist vertreten, um - im übrigen erfolglose - diplomatische Missionen auszuüben (Italien 1317 bis 1319, Nordfrankreich 1320). 1323 zum Bischof von Tuy in Galizien erhoben (wohin er sich anscheinend nie begeben hat), beschloß er sein Leben als Bischof von Lodève (Languedoc, Hérault; seit 20. Juli 1324).
  Bernhard hinterließ ein umfangreiches Werk mit vielfältiger Thematik; es reicht von Opuscula bis zu großen historischen Abhandlungen und hagiographischen Schriften. Bernhard hat fast alle seine Werke überarbeitet, verbessert und ergänzt, was sich in der überreichen hs. Tradition (mit einer Reihe von Autographen) niederschlägt. 1369 wurden einige seiner Werke von Jean Golein ins Französische übersetzt. Die Ausgaben sind in der Regel veraltet, lückenhaft oder bringen nur Teile der Werke; neuere kritische Editionen und Abhandlungen über ihn sind selten. Neben einigen kleineren Arbeiten, die Theologie, Liturgie sowie Konzilien berühren, sind folgende Werke hervorzuheben: unter den vielfältigen hagiographischen Schriften (»Nomina discipulorum domini Jhesu Christi«, zuerst 1313, Legenda s. Thomae de Aquinos, etc.) v.a. das bedeutende »Speculum sanctorale« (1324/30), eine umfangreiche Sammlung von teilweise sonst nicht überlieferten Heiligenleben; an historiographischen Werken: eine Kompilation der Papstgeschichte (»Flores chronicorum«), von denen zehn aufeinanderfolgende Versionen (1315-31) identifiziert werden konnten, sowie kürzere Zusammenfassungen der Geschichte der Päpste, der Kaiser, der Könige von Frankreich, der Grafen von Toulouse, der Bischöfe von Toulouse, Limoges und Lodève. Eine »Arbor genealogiae regum Francorum« (mit Illustrationen) wandte sich an ein volkstümliches Publikum; wir kennen das Werk in fünf Fassungen (1313-31). Bernhard führte ferner die Geschichte des Dominikanerordens fort, die Etienne de Salanhac begonnen hatte (»De quatuor dotibus quibus Deus Predicatorum ordinem insignivit«); ferner erstellte er Kataloge der Generalmeister und Provinzialprioren, schrieb die Geschichte von etwa 60 Dominikanerkonventen und sammelte die Akten von General- und Provinzialkapiteln des Ordens (Provence und Toulouse). Seine »Practica officii inquisitionis« (1314/16), in unseren Augen eine die Mentalität eines Inquisitors enthüllende Darstellung, scheint keine langanhaltende Wirkung auf die Zeitgenossen ausgeübt zu haben. A. Vernet, [LdM I, Sp. 1976 f.] (Vgl. Kühl, Exkurs). [9.2.04]

Berengar von Landora
  * um 1262 bei Rodez, † Sevilla 20.9.1330
Generalmeister der Dominikaner, stammte aus altem auvergnatischem Adel. 1282 trat er in den Predigerorden ein. Nachdem er als Lektor der Naturlehre (physicae) u.a. in Brive gewirkt hatte, wurde er 1292 zum Studium nach Montpellier geschickt. Nach mehrjähriger Tätigkeit als Theologielektor (u.a. in Toulouse) las er in Paris über die Sentenzen des Petrus Lombardus. 1306 wurde er zum Provinzial von Toulouse gewählt. 1308 ging er wieder nach Paris. Als Magister der Theologie kehrte er zurück und übernahm 1310 erneut die Leitung der Provinz Toulouse. 1312 wurde Berengar Generalmeister. Er sorgte für die Pflege der Studien, ließ im Orden den Thomismus für verbindlich erklären und reorganisierte die Mission der wandernden Predigerbrüder (fratres peregrinantes). Johannes XXII. ernannte ihn im April 1317 zum Legaten in Frankreich und im Juli desselben Jahres zum Erzbischof von Santiago de Compostela. Die Weihe fand am 30. April 1318 statt. - Außer Ordensdokumenten und einer (unedierten) Predigt verfaßte Berengar die älteste Redaktion des Lumen anime (Typus A), einer Sammlung von Exempla für homiletische Zwecke. Darin stellte er mit Berufung auf teilweise fiktive Autoritäten Beobachtungen aus der physischen Welt zusammen und erklärte, wie sie zur Illustrierung spiritueller Wirklichkeiten verwendet werden können. J. Prelog, [LdM I, Sp. 1936] [26.12.05]

Johannes von Sterngassen
  * ??, † Köln (nach 1327)
Theologe, Philosoph. - 1310 im Straßburger Konvent bezeugt, 1316 dort Lektor und Prior, 1320 wahrscheinlich Leiter des Kölner Studium generale (1333 und 1336 vielleicht noch in Köln; Identität nicht gesichert). Erhalten sind von seinen lateinischen Werken ein Sentenzenkommentar und eine »Quaestio quodlibetalis«, ferner deutsche Predigten (weitere Schriften noch nicht wiederaufgefunden oder als authentisch erwiesen). Theoretisch prinzipiell an Thomas von Aquin orientiert, von dem er jedoch punktuell abweicht (Sein und Wesen sind formal, nicht real distinkt); besonders in seinen Predigten begegnen Denkmotive Meister Eckharts (Einung der Seele mit der Gottheit; Lauterkeit als Voraussetzung für die von ihr geborene Abgeschiedenheit der Seele zwecks Annäherung an Gott; Seele als Spiegel des göttlichen Bildes), aber nicht dessen progressive Theoreme (Geeint-Sein von Gott und unerschaffbarem Seelengrund; Selbstbewegung der Vernunft in der Realität des Ungeschaffenen); auch sind ihm spezifisch neuplatonische Theorien fremd. B. Mojsisch, [LdM V, Sp. 606] [9.2.04]

Nikolaus von Straßburg
  * (zw. 1280 und 1290 - s. MEG 2006), † ?? nach 1331
Theologe. - Erstmals 1318 in Basel und dann 1323-27 als "lector Coloniensis" am Generalstudium [der Dominikaner in Köln] bezeugt. Als päpstlicher Visitator der Provinz Teutonia entlastete er Eckhart 1325 von den gegen ihn erhobenen Anschuldigungen. Erst 1331 wurde das gegen ihn eingeleitete Verfahren "impeditor inquisitionis" aufgehoben. Erhalten sind deutsche Predigten, ein Traktat "De adventu Christi" sowie eine philosophische Summa, die ihn als Repräsentanten des Thomismus ausweist. Des weiteren werden ihm 10 deutsche Traktate zugeschrieben. R. Imbach, [LdM VI, Sp. 1187 f.] [4.7.03]
  In den Akten der deutschen Nation an der Universität Bologna finden sich zwei Eintragungen zu 1295: "dominus Nicolaus et dominus Johannes de Argentina, frater suus, XXXIII solidos" [Knod, Nr. 3733, S. 562] und zu 1309: "dominus Nicolaus de Argentina X solidos" [Knod, Nr. 3734, S. 562]. Da nach Schmutz die durchschnittliche Verweildauer der Studenten etwa vier Jahre betrug [S. 117], wird es sich wohl nicht um dieselben Personen gehandelt haben. Es spricht jedoch nichts dagegen, für Nikolaus juristische Kenntnisse anzunehmen, da er Eckhart spätestens ab 1325 in dessen rechtlichen Angelegenheiten zur Seite stand. Diese Möglichkeit wurde (soweit mir bekannt) bisher noch nicht diskutiert. [et] [29.8.04]

Durandus de San Porciano (Saint-Pourcain)
  * St. Pourçain-sur-Sioule (Allier) um 1275, † Meaux (Seine-et-Marne) 10.9.1334
Theologe. - "doctor modernus", studierte um 1302/03 im Dominikanerkolleg St. Jakob in Paris (zuerst unter Herveus Natalis) Theologie (und Zellennachbar Eckharts, der zu dieser Zeit ebenfalls anwesend war), zwischen 1303 bis 1307 erklärte er das Sentenzenwerk des Petrus Lombardus. Diese Lectura wurde gegen seinen Willen verbreitet und erregte wegen der von der Ordenstheologie und von der Tradition abweichenden Lehre Anstoß. In zwei Irrtumsverzeichnissen (1313/14 und 1316/17) wurden für die Studenten die abweichenden Lehren zusammengestellt. In der 2. Redaktion seiner Lectura (1310/11) in Paris [während sich Eckhart ebenfalls wieder dort befindet] hatte Durandus diese kritisierten Lehren weithin unterdrückt, in seiner endgültigen 3. Fassung, die jedenfalls um 1327 zum Abschluß gebracht wurde, kommen sie aber wieder zur Geltung, da sie inzwischen auch bei anderen Dominikanern (z.B. bei Jakob von Metz) diskutiert wurden. 1312 Magister der Theologie. Seit 1317 in verschiedenen Bischofsämtern (Limoux, Le Puy en Velay, Meaux) war er wiederholt in theologischen Streitfragen als Gutachter tätig. L. Hödl, [LdM III, Sp. 1468/69] [4.7.03]

Wilhelm Petrus von Godino
(Guillelmus Petri de Godino Baionensis; Petrus de Godino; Guillaume Peyre de Godin)
  * ??, † Avignon 4.6.1336
Theologe. - Kommentierte, nachdem er von 1281-91 in verschiedenen Ordensschulen tätig war, 1299-1301 in Paris die Sentenzen, avancierte 1303 zum Prior der Ordensprovinz Toulouse, 1304 zum Professor der Theologie in Paris [ein Jahr nach Eckhart - vgl. J. Koch, S. 342], 1306 zum Lector curiae in Avignon und am 23. Dezember 1312 zum Kardinal. Neben mehreren diplomatischen Missionen in Frankreich und Kastilien wurde ihm zuletzt die Leitung des Prozesses gegen die Spiritualen angetragen. In seinen theologischen Werken, einer »Quaestio de individuatione« (ed. Cl. Stroick, 1974, 581-608), einem Traktat »De causa immediata ecclesiasticae potestatis« (ed. W.D. McCready, 1982) und dem Sentenzenkommentar »Lectura Thomasina«, zeigt er sich als hervorragender Kenner des Thomas von Aquin. Am 2. Dezember 1335 schrieb (cod. am 26. April 1336) Wilhelm sein Testament (ed. Laurent, AFP 2, 1932, 114-154). M. Gerwing, [LdM IX, Sp. 183] [10.1.06]

Galvano Fiamma
  * Mailand Ende 1283, † nach 1344
Philosoph, Chronist. - Er stammte aus einer reichen Kaufmannsfamilie (Parteigängerin der Visconti). Am 27. April 1298 trat er in S. Eustorgio ein. Als lector sacrae theologiae lehrte er im Konvent OP in Pavia Philosophie. In seinem ersten Hauptwerk, der sogenannten »Cronica galvagnana« (von den Ursprüngen Mailands bis 1338), verteidigte er Mailand gegenüber der Geringschätzung der Pavesen, die der Stadt niedrigen Ursprung und geringes Alter vorwarfen. Er widmete sich danach verstärkt philosophischen Studien und gab dem Dominikanerorden bedeutende kulturelle Impulse. Infolge des päpstlichen Interdikts gegen Mailand verließen 1323 die Dominikaner die Stadt. Galvano Fiamma kehrte etwa zehn Jahre später dorthin zurück und konnte durch Beilegung der Streitigkeiten zwischen den Visconti und seinem Orden die Rückkehr der Dominikaner nach Mailand ermöglichen. Er wurde der Freund des Azzo Visconti, danach der Beichtvater des Luchino und der Kapellan und Schreiber des Bischofs Giovanni. Seine Spuren verlieren sich im Jahr 1344, in dem er die Chronik seines Ordens beendete (Cronica Maior Ordinis Praedicatorum - s. Kühl). G.L. Fantoni, [LdM IV, Sp. 425 f.] [15.5.06]

Johannes von Dambach
  * Dambach (Elsaß) 1288, † Freiburg/Br. 10.10.1372
Theologe. - Studierte in Straßburg, Köln [dort Zeuge bei der Appellation Eckharts 1327], Paris. Aus Straßburg 1338 nach Basel vertrieben, bildete sich Johannes in Bologna (1341) und Montpellier fort (1347 Magister der Theologie), um danach als Professor am Ordensstudium in Prag zu lehren. Trotz enger Kontakte zu Karl IV. wirkte er 1350-56 in Paris, danach in Straßburg. Seine meisten Schriften betrafen aktuelle Kirchenrechts- und Ordensfragen, wie die Exhortation Karls IV. zu Kirchenstrafen und Traktate zur Ablaß- und Armutspraxis des Ordens (1346-64). Größere Bedeutung besaß außer »De sensibilibus deliciis paradisi« (1350, zum paradisischen Leben) und »De culpa et gratia« (1357, zur Gnadenlehre) die Hauptschrift »De consolatione theologiae«, die Exempel für die Tröstungen der Theologie angesichts der Leiden der Menschen handbuchmäßig zusammenstellte und von lebensverachtender, aber auch stoischer Weltsicht infolge der zeitgenössischen kirchlichen und gesellschaftlichen Konflikte bestimmt ist. Die Verbreitung des Werkes und sein Einfluß auf die spätmittelalterliche Consolatorienliteratur waren beträchtlich. D. Berg, [LdM V, Sp. 568] [9.2.04]

Heinrich Seuse
  * Konstanz oder Überlingen 21.3.1295 (1300?), † Ulm 25.1.1366
Deutscher Mystiker. - (Selig, latinisiert Suso). 1308 Dominikaner; 1322-24 Schüler Meister Eckharts in Köln; versuchte um 1326 durch das "Büchlein der Wahrheit", die Mystik Eckharts zu verteidigen und gegen die Brüder und Schwestern des freien Geistes abzugrenzen; wurde deshalb auf dem Ordensgeneralkapitel 1330 gemaßregelt; 1343/44 Prior des nach Diessenhofen verlegten Konstanzer Konvents, 1348 Versetzung nach Ulm. Geprägt durch die spekulative Mystik Meister Eckharts, trägt sein Werk Züge einer von Dionysios Areopapita geprägten, mittelalterlichen Imitatio-Christi-Mystik. [VoL 10, S. 487] [4.7.03]

Johannes Tauler
  * Straßburg um 1300, † ebd. wahrscheinlich 15.6.1361
Deutscher Mystiker und Prediger. - Trat jung in den Dominikanerkonvent seiner Heimatstadt Straßburg ein. Nach der im Orden üblichen Ausbildung [s. Studium] wurde er zum Predigt- und Seelsorgedienst v.a. bei den Dominikanerinnen und Beginen ausersehen; für die Ordenshochschule war er nie bestimmt. Spätestens um die Jahrhundertmitte schloß Tauler sich, wie es das Meisterbuch Rulman Merswins nahelegt, der Gottesfreundebewegung an. In der Folge des Machtkampfs zwischen Ludwig dem Bayern und Johannes XXII. verließen die Dominikaner 1338 die unter dem Interdikt stehende Stadt Straßburg. Tauler verbrachte das Exil bis 1342/43 in Basel, weilte 1339, 1343, 1346 und wohl 1355/56 in Köln.
  In diesen Jahren verschaffte er sich Hss., nachweislich die Summen des Thomas v. Aquin, das "Horologium sapientiae" Heinrich Seuses. Er befaßte sich mit dem Buch "Scivias" Hildegards v. Bingen, auch kam der "Liber specialis gratiae" Mechthilds v. Hackeborn in seinen Besitz, er erhielt Kenntnis der Offenbarungen Mechthilds v. Magdeburg, die unter dem Titel "Das fließende Licht der Gottheit" zwischen 1343-45 im Basler Gottesfreundekreis um Heinrich v. Nördlingen ins Obdt. übertragen wurden. Rund 80 authentische Predigten Taulers sind in ca. 200 Hss. überliefert: Da Tauler eine Lehre nie systematisch ausformulierte, muß sie aus ihnen abgeleitet werden.
  Das Hauptanliegen Taulers bildet der Vollzug des mystischen Wegs, beginnend mit Umkehr und Einkehr im Sinne der Lebensbesserung wie im Sinne einer Rückkehr in den ungeschaffenen Ursprung, wozu alle menschlischen Kräfte im Gemüt (gemuet) oder im Seelengrund (grunt) gesammelt werden müssen. Dem Schema vom dreifachen Weg (nach Dionysius Areopagita und Gregor d. Großen) folgend, hat der äußere mit dem inneren Menschen mitzugehen bis zur Einung mit Gott, in der auch die Vernunft transintellektuell überstiegen wird. Das plotinische Philosophem vom dreifachen Menschen aufnehmend, erklärt Tauler den über dem äußeren und dem inneren vernunfthaften stehenden »dritten Menschen« als gottfähig und gottförmig, ja, wie Taulers Abgrundspekulation zeigt, als »übergängig« in Gott. Da, im Obersten und Tiefsten, vermag sich die am innertrinitarischen Prozeß teilhabende Gottesgeburt im Menschen zu vollziehen. Der Mensch wird von Gott überformt, er wird (bei bleibender Seinsdifferenz) aus Gnade das, was Gott von Natur ist, gemäß der bis zu den Kirchenvätern zurückverfolgbaren Formel. Immer bleibt eine spezifische Selbsterkenntnis, aus der tiefe Demut, Gelassenheit und geistige Armut sich ergeben, die Voraussetzung der unio mystica [Vereinigung Gottes mit der Seele, s. Mystik]. Auch Frömmigkeitsübungen, so das Gebet und der kirchlich sakramentale Weg (insbesondere die Eucharistie) können zur Einheitserfahrung mit Gott führen. Tauler sieht die Einheit von tätigem und beschaulichem Leben als Ergebnis der unio-Erfahrung, sie macht die Berufung eines jeden Menschen aus.
  Obschon sehr selbständig, führt Tauler Autoritäten an: neben ntl. Gewährsleuten die Kirchenväter Augustinus, Gregor d. Gr., dann Dionysius Areopagita, unter den Möchstheologen Bernhard v. Clairvaux und ohne namentliche Erwähnung, da pseudonym überliefert, Wilhelm v. St. Thierry, unter den Viktorinern Hugo und Richard, ferner die Dominikanerscholastiker Albertus Magnus, Thomas v. Aquin, Dietrich v. Freiberg und Meister Eckhart, außerdem den Ordensvater Dominikus. Von den heidnischen Philosophen schätzte Tauler Aristoteles, Plato und besonders Proklus (durch Berthold v. Moosburg vermittelt).
  Die Nachwirkung der Tauler-Predigten ist unabsehbar, wobei indes bei mehrmaligen redaktionellen Überarbeitungen seit dem 1. Drittel des 15. Jahrhunderts in den Tauler-Drucken (Leipzig 1498, Augsburg 1508, Basel 1521, 15222) mystische Aussagen abgeschwächt oder zurückgenommen wurden. Unter den pseudo-taulerischen Schriften fanden die Göttlichen Lehren (von Petrus Canisius 1543 in die Taulerausgabe übernommen) und das Buch von geistlicher Armut (durch Daniel Sudermann Tauler zugesprochen) weite Verbreitung. L. Gnädinger, [LdM VIII, Sp. 506-508] [12.3.12]

Berthold von Moosburg
  * ?, † (nach 20.4.1361)
Gelehrter. - In einem Fragment des Provinzkapitels der Teutonia 1315 in Friesach (dem ältesten deutschen Konvent) wird unter dem Abschnitt 'De studiis et studentibus' vermerkt: 'Mictimus <in Ang>liam fr. Berchtoldum de Mospurg'. "Von den wenigen bekannten Persönlichkeiten, die darin erwähnt sind, verdient Berthold von Moosburg besondere Erwähnung, bringt es doch für ihn das älteste chronologische Datum zu seinem curriculum studiorum: die Assignation nach Oxford" [Kaeppeli, Friesach, S. 72]. [23.8.06]
  1318 als Kommentator der aristotelischen Metereologie bezeugt, Lesemeister im Regensburger Dominikanerkloster, urkundlich erwähnt 1327, studiert dort des Honorius Augustodunensis »Clavis physicae«, der ihm für seinen Prokloskommentar zustatten kommt, Lesemeister in Köln, urkundlich bezeugt 1343, 1353, zuletzt 20. April 1361. Vicarius Fratrum Ordinis Praedicatorum in Nürnberg; Adelheid Langmann und Christina Ebner erwähnen 1350 seinen Besuch im Kloster Engeltal bei Nürnberg. In seinem Besitz befanden sich die Albertus Magnus-Autographe und verschiedene Manuskripte. Seine »Expositio Super Elementationem Theologicam Procli« basiert auf der von Wilhelm von Moerbeke 1268 angefertigten Übersetzung. Außer den Werken der antiken neuplatonischen Tradition und Honorius Augustodunensis benutzte Berthold v.a. für die Kommentierung Schriften der Dominikaner Albertus Magnus, Ulrich von Straßburg, Dietrich von Freiberg. Er trägt eine folgerichtige Einheitsmetaphysik vor. Das Proklos-Interesse ist v.a. motiviert durch die Thematik der Gotteseinigung der Seele, die er nach dem Modell des Bernhard von Clairvaux als durch die Liebe gegeben sieht. Sein Prokloskommentar wurde noch von Nikolaus von Kues geschätzt. W. P. Eckert, [LdM I, Sp. 2034] [9.2.04]

Heinrich von Herford
  * Herford vor 1326, † Minden 9.10.1370
Theologe. - Vor 1328 ins Dominikanerkloster Soest eingetreten, verbrachte Heinrich sein Leben zumeist im Mindener Konvent. Sein hohes Ansehen beruhte auf seinem theologisch-historischen Werk, von dem erhalten sind: »De conceptione virginis glor.«‚ die naturwissenschaftlich-philosophische Enzyklopädie »Catena aurea entium vel problematum series« und der »Liber de rebus et temporibus memorabilioribus«, eine bis 1355 reichende Weltchronik [in der er die in der Bulle verworfenen Sätze aufnahm, ohne Eckharts Urheberschaft zu erwähnen - s. Bild der Handschrift (f. 231r)], die die dominikanische Geschichtsschreibung beeinflußte, besonders Konrad von Halberstadt und Hermann Korner. D. Berg, [LdM IV, Sp. 2093] (Vgl. Kühl, Exkurs). [9.2.04]

Jakob von Soest
  * Schwefe b. Soest ca. 1360, † Soest ca. 1438
Theologe. - Nach Studien an provinzialen Ordensschulen (seit 1377) lehrte Jakob seit 1394 an der Universität Prag, seit 1399 dort als theologischer Magister. Ab 1400 Praedicator generalis der Saxonia, wirkte Jakob seit 1405 als Professor der Universität Köln, wo er 1407-17 Dekan der theologischen Fakultät war. Sein Tätigkeitsfeld erweiterte sich rasch, da er als Confessor des Kölner Erzbischofs Friedrich von Saarwerden und als Inquisitor in der Kölner Provinz (seit 1409) agierte [Hier gelangte die Verteidigungsschrift Eckharts in seine Hände, die heute als Cod. 33 bekannt ist]. Ca. 1422 kehrte Jakob nach Soest zurück und widmete sich der Reform von Dominikanerklöstern. Im Zusammenhang mit seinen Tätigkeiten für den Orden entstand auch sein umfangreiches wissenschaftliches Werk. Neben zahlreichen homiletischen Schriften, z.T. mit enzyklopädischen Charakter, schuf Jakob diverse »Postillae super Bibliam«, Traktate zur Lage der Kirche im Abendländischen Schisma und eine Signatur dominikanischer Privilegien. Wie alle theologischen Schriften Jakobs waren auch seine Chroniken zur Regional und Ordensgeschichte weniger Ausdruck originären Denkens als des Strebens nach Sicherung tradierten Wissens und dessen Aufbereitung in enzyklopädischer Form für pastorale Zwecke und für die Weiterbildung seiner Mitbrüder. D. Berg, [LdM V, Sp. 294] (Vgl. Kühl, Exkurs). [9.2.04]

Einige Begriffe

Hagiograph
  [zu griechisch hágios »heilig« und gráphein »schreiben«] Verfasser von Heiligenviten. [PC-Bib] [7.2.04]

Hagiographie
  [griechisch] die, Lebensbeschreibung der Heiligen; Bezeichnung der wissenschaftlichen Disziplin, die die Heiligen zum Gegenstand hat. Das bekannteste hagiographische Sammelwerk ist die Legenda aurea des Jacobus de Voragine. [PC-Bib] [7.2.04]

Homiletik
  [griechisch] die, Lehre von der christlichen Predigt und ihrer Geschichte; als wissenschaftlich begründete praktische Anleitung zum Predigen seit der Aufklärung ein Hauptgebiet der praktischen Theologie. [PC-Bib] [7.2.04]

Legenda aurea
  [lateinisch »goldene Legende«], im Mittelalter weit verbreitete Sammlung von Heiligenlegenden, von Jacobus de Voragine lateinisch verfasst; oft übersetzt; bedeutende Quelle für Motive und Themen der europäischen Literatur. [PC-Bib] [7.2.04]